Ernährungswandel gegen den Klimawandel – Die Idee der Planetary Health Diet

Wer bei Planetary Health Diet an die Diätempfehlungen einschlägiger Frauenmagazine denken muss, kann an dieser Stelle beruhigt weiterlesen 😉. Die Planetary Health Diet (kurz: PHD) verfolgt in erster Linie das Ziel, den Planeten nicht zu überlasten. Kleiner Nebeneffekt ist jedoch trotzdem, dass dieser Speiseplan auch ganz gut für unsere Gesundheit ist. Aber zu den Details der PHD gleich mehr…

Durch die Ernährung werden im Schnitt 1,75 Tonnen CO2e pro Kopf und Jahr in Deutschland verursacht. Das entspricht in etwa 15% der Emissionen pro Person und Jahr (1). Bedeutet, die Ernährung ist ein bedeutender Stellhebel bei der Verbesserung unserer Klimabilanz. Zunächst ist wichtig zu klären, dass wir mit unserer Ernährungsweise die landwirtschaftliche Produktion von pflanzlichen und tierischen Produkten maßgeblich beeinflussen. Und die Landwirtschaft ist ein wichtiger Player wenn es um Klimaschutz, den Erhalt von Biodiversität und den Schutz natürlicher Ressourcen, wie Böden und Wasser, geht. Die Landwirtschaft ist ein komplexes System. Es wird z.B. Dünger produziert, wofür große Mengen an Energie aufgewendet werden müssen, es werden Wälder gerodet, die im globalen Süden dann nicht mehr als Kohlenstoff-Senken zur Verfügung stehen, und die Lebensmittel werden zwecks Weiterverarbeitung oder Konsum teilweise über weite Strecken transportiert. Der Klimarat der Vereinten Nationen (kurz: IPCC) schätzt, dass die globale Landwirtschaft einen Anteil von 21-37% an den weltweiten Treibhausgas- (kurz: THG) Emissionen hat (2). Die deutsche Landwirtschaft einen Anteil von rund 8% an den THG-Emissionen Deutschlands (3). Doch da ist noch nicht einmal eingerechnet, welche Emissionen durch den Anbau unserer Lebens- oder Futtermittel im Ausland entstehen. Somit ist klar: Hier muss sich etwas ändern, damit wir unsere Klimaziele erreichen.

Die Landwirtschaft ist gleichzeitig auch der Bereich, der mit am stärksten betroffen sein wird vom Klimawandel. Denn wird es z.B. trockener oder gibt es Extremwetterlagen, steigt auch das Risiko von Ernteausfällen, was wiederrum wir an Preisen oder der Verfügbarkeit von Lebensmitteln unmittelbar merken. Bedeutet, wir schaden uns selbst und zukünftigen Generationen, wenn wir weiterhin so speisen, wie aktuell. Jede*r von uns trifft mindestens dreimal am Tag die Entscheidung, was er oder sie essen möchte. Somit haben wir jeden Tag dreimal die Chance aktiv etwas zu verändern und damit zu CO2-Einsparungen beizutragen. Sicherlich die einfachste Möglichkeit, sich aktiv für den Klimaschutz zu engagieren. Und genau da setzt die Planetary Health Diet (PHD) an, die 2019 von der EAT Lancet Kommission entwickelt wurde. Die Idee dahinter: Eine Ernährungsweise, die gesund für den Planeten und uns selbst ist. In diesem Beitrag geht es darum, was konkret hinter der PHD steckt und wie ihr es in euren Alltag integrieren könnt.

Die Planetary Health Diet im Detail

Bei der PHD geht es nicht primär darum, WIE produziert wird – also z.B. ob bio oder konventionell – sondern WAS produziert wird – also welche Lebensmittel. Denn unabhängig davon, wie ein Produkt landwirtschaftlich erzeugt wird, hat bereits die Wahl des Produkts einen erheblichen Einfluss auf Umwelt und Klima. So verursacht z.B. ein Kilo Rindfleisch ca. 13,6 Gramm CO2-Äquivalente (kurz: CO2e), während ein Kilo Tofu nur 1 Gramm CO2e und ein Kilo Möhren nur 0,1 Gramm CO2e verursacht (4). Die PHD setzt nicht darauf, bestimmte Lebensmittel zu verbieten. Vielmehr geht es darum, von den guten Lebensmitteln mehr und von den klimaschädlicheren Lebensmitteln weniger zu konsumieren. Alles, was man dafür braucht, sind klare Orientierungswerte und kreative Rezepte, die diese Grundsätze berücksichtigen. Für Flexitarier ist es vielleicht einfacher umzusetzen, für Fans Fleisch-lastiger Hausmannskost kann die Umstellung schwieriger sein. Die EAT Lancet Commission hat die empfohlene Tagesmenge in Gramm zusammengetragen (zugrunde liegt eine Energieaufnahme von 2.500 kcal/ Tag). Gemüse, Vollkorngetreide, Obst und Hülsenfrüchte machen den Großteil des Speiseplans aus. Milchprodukte und Fleisch werden dabei deutlich reduziert (5).

Planetary Health Diet, Mengenangaben pro Kopf & Tag (5)
Was bedeuten die Vorgaben der PHD nun konkret?

Als ich selbst diese Tabelle das erste Mal gesehen habe, konnte ich damit nicht viel anfangen. Als Vegetarierin habe ich mich eigentlich ganz gut eingeschätzt. Als ich die empfohlenen Tages-Mengen mal zusammengestellt habe, wurde mir aber klar, dass ich mich ziemlich verschätzt habe.

Tagesportionen nach PHD (Foto: J. Kurth)

Mein aktueller Käsekonsum entspricht eher nicht der einen Scheibe Hartkäse, die bereits der gesamten empfohlenen Tagesmenge an Milchprodukten entspricht. Und da ist die Butter für´s Brot oder der Schuss Milch für den Kaffee dann auch nicht mehr drin. Auch wenn man als VegetarierIn in etwa doppelt so viele Milchprodukte konsumieren könnte, ist es trotzdem nicht viel. Mich hat vor allem überrascht, wie gering die Mengen tierischer Produkte tatsächlich sind. Hier habe ich persönlich echt Nachholbedarf, da ich schon gerne deftig mit Sahne und Milch koche, wo schnell mal größere Mengen zusammenkommen. Wenn man die 250 Gramm Milchprodukte nämlich in die gängigen Produkte aus Milch umrechnet, merkt man erstmal, was das überhaupt bedeutet. Denn aus 250 Gramm Milch lässt sich gar nicht mal so viel Käse produzieren.

Was man aus 250 g Milch machen kann

Die Menge Vollkornprodukte laut PHD entspricht in etwa zwei großen Vollkornbrötchen pro Tag. Mit der angegebenen Menge Hülsenfrüchte kommt man etwa auf ein kleines Linsengericht pro Tag. Die 31 Gramm Süßungsmittel, also z.B. Zucker, entsprechen etwa dem Zuckergehalt von einem Glas Cola.

Übertragen auf eine ganze Woche fällt es schon etwas leichter sich vorzustellen, was die PHD konkret für einen Speiseplan bedeutet. So wäre z.B. pro Woche nur ein (!) Ei auf dem Speiseplan, ebenso nur ein kleines (91 g) Rinderfilet (oder Schwein oder Lamm), drei Geflügelwürste und eine kleine Portion (350 g) Kartoffeln. Auch sollten Pflanzenöle statt gesättigter Fette dominieren. Nüsse haben auch einen ziemlich großen Anteil.

Wochenportionen nach PHD (Foto: J. Kurth)

Sich an die PHD zu halten, scheint gar nicht so leicht zu sein. Hinzu kommt, dass es noch schwerer ist, wenn man häufig auswärts essen geht oder auf der Arbeit verpflegt wird. Aber trotzdem kann man ganz grobe Orientierungswerte im Speiseplan schaffen. Hier ein Vorschlag, wenn man annimmt, dass auf keine Lebensmittelgruppe verzichtet wird:

Vorschlag für einen PHD-Wochen-Speiseplan
Einordnung der PHD & kritische Stimmen

Die PHD ist ein Speiseplan, der regionale Besonderheiten, z.B. was die Verfügbarkeit einzelner Lebensmittelgruppen aufgrund von klimatischen Bedingungen oder kulturellen Entwicklungen, angeht, nicht berücksichtigt. Dies ist auch nicht der Anspruch der PHD. Vielmehr geht es darum, einen globalen Speiseplan aufzuzeigen, der die Grenzen unseres Planeten vor dem Hintergrund einer wachsenden Bevölkerung berücksichtigt. Dies bezieht sich nicht nur auf die CO2-Emissionen, sondern auch auf Naturräume, die Biodiversität, den Wasserverbrauch und den Eintrag von Stickstoff und Phosphor. Trotzdem bietet das Modell der PHD auch eine gewisse Flexibilität durch die Spannbreiten, die in den Klammern angegeben sind (siehe Tabelle oben). Dadurch sollen regionale Unterschiede bei Lebensmittelverfügbarkeit und Konsumvorlieben stärker berücksichtigt werden können. Dennoch hätte die flächendeckende Umsetzung der PHD in Deutschland starke Auswirkungen auf unsere Konsummuster. So müssten wir im Schnitt 72% weniger Milchprodukte und 71% weniger Fleischprodukte konsumieren. Andererseits müssten wir unseren Gemüsekonsum um 84% steigern und bei Hülsenfrüchten um ca. 2000% zulegen. Auch unsere Agrarproduktion müsste sich umstellen, damit wir mehr regional angebautes Gemüse verfügbar haben (6). Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (kurz: DGE) beschäftigt sich ebenfalls schon mit der PHD und möchte die Umweltauswirkungen von Lebensmitteln zukünftig stärker in ihre eigenen Ernährungsempfehlungen integrieren. In vielen Punkten ähneln sich die Empfehlungen der DGE, z.B. bei Gemüse und dem Verzehr von Fleisch. Bei Milchprodukten gibt es jedoch größere Unterschiede – dort gibt die DGE etwa doppelt so hohe Werte an (7).

Mein Resümee zur PHD

Tatsächlich hat mich persönlich am meisten überrascht, wie gering der Anteil tierischer Produkte ist und was der empfohlene Milchanteil umgerechnet auf andere Milchprodukte bedeutet. Heißt für mich, deutlich mehr vegan kochen und auch mal versuchen, die Scheibe Käse zum Frühstück durch selbstgemacht vegane Aufstriche zu ersetzen – z.B. mit Nüssen. Die Mengen mal bildlich einzufangen, fand ich unheimlich hilfreich, denn so wurden mir erst die Dimensionen und Verhältnisse klar. Trotzdem ist es eine Herausforderung diesen Speiseplan einzuhalten – gerade wenn es um die ganzen „versteckten“ tierischen Produkte geht, wie die Sahne in der Soße, die Butter zum Anbraten oder die Eier in den Keksen. Sich komplett an die PHD zu halten, muss auch nicht der Anspruch sein. Eher geht es darum, Gewohnheiten bei Einkauf und Zubereitung Schritt für Schritt zu verbessern, um sich dem Zielbild einer nachhaltigeren Ernährung anzunähern. Zukünftig möchte ich gerne mehr vegan kochen und mich stärker an dem Speiseplan orientieren.

Praktische Tipps & konkrete Ansatzpunkte, um sich stärker an der PHD zu orientieren

Abschließend ein paar Gedanken dazu, wie sich das Ganze vielleicht etwas leichter umsetzen lässt und man sich im persönlichen Koch- & Konsumalltag etwas stärker an den Leitlinien der PHD orientieren könnte. Wichtig ist ja immer, dass es alltagstauglich ist…

  • Bei Lebensmittelgruppen, bei denen man weiß, dass man tendenziell zu viel verwendet (z.B. die Milchprodukte bei mir): Wochen-Kontingent dieser Lebensmittel in eine Box oder ein Kühlschrankfach packen um die Mengen beim Kochen im Blick zu halten.
  • Meal Prepping, also selbstgekochtes mitnehmen, statt auswärts zu essen.
  • In jedes Gericht mindestens 50% Gemüseanteil geben.
  • Mehrmals pro Woche bewusst vegan kochen bzw. konsumieren.

geschrieben von: Julia